Nachruf
Jan Heinke, unser Mitmusiker und Freund, ist am 20. April 2022 gestorben.
Am 15. April spielte er in Dresden, im Studio von Martin Fischer, seine letzten Klänge mit Stahlcello ein.
Jan hat uns – Mats Eser und mir – alle Aufnahmen im vollen Vertrauen überlassen und sich gewünscht, dass sie ihren Weg auf ein Vinyl-Album finden.
Dass seine allerletzten Aufnahmen zu einem Solo-Album würden, konnte er sich nicht vorstellen. Er hat sie unter Aufbringung aller Kräfte eingespielt und eine reine Musik geschaffen, die von anderswo zu kommen scheint. Sie ist groß, schlicht, schön und trifft direkt ins Herz. Sie ist das, was von Jan bleiben wird.
Kennengelernt haben wir uns 2003, in einem Projekt des Folkmusic Festivals in Rudolstadt. Unsere selber entwickelten Instrumente Stahlcello und Xala waren damals ungefähr gleich neu.
Im Tour-Leben haben wir uns immer wieder kurz gekreuzt. Seit 2015 fanden wir regelmäßig zusammen, um gemeinsam zu spielen und an Klängen mit unserem akustischen Instrumentarium zu forschen.
2019 veröffentlichten wir das erste gemeinsame Album „The Lugano Session“ (Koproduktion mit RSI Lugano / tonus-music-records).
Als Trio AËR spielten wir Live- Konzerte, bis diese verboten wurden.
Die auferzwungene Stilllegung hat dazu geführt, dass wir lautere Musik machen wollten. Wir verbrachten viel Zeit zusammen, um unser Instrumentarium mit elektronischen Effekten zu bestücken, Musikvideos zu verwirklichen und in stundenlangen Sessions und ausufernden Improvisationen eine neue AËR-Musik zu erfinden. Lachend ernannte sich Jan zum Vorsteher des „Deutschen Instituts für Klanggeilheit“ und wählte uns in den Vorstand. Damit wollten wir die Welt erobern. Aus der Fülle der Aufnahmen von 2021 werden zwei AËR-Alben herauskommen.
Im Januar 2022 kam die Diagnose und brachte innerhalb dreier Monate Jans Tod.
Wir reisten nach Dresden, um seinem Wunsch, noch möglichst viel Musik zu spielen, nachzukommen. In dieser kurzen letzten Zeit entstanden noch viele Aufnahmen für AËR und das erste Solo-Album mit Stahlcello.
Jans Faszination und Liebe zum Klang war ansteckend. Er selber war eine wandelnde, sich fortlaufend speisende Jukebox für Sounds und Geräusche aller Art. Wer Jan gekannt und mit ihm Zeit verbracht hat, wird die Welt und alles, was darin tönt, intensiver wahrnehmen.
Einzig, wenn er mit hellen Augen die Vögel im Flug beobachtete, wurde er still und flog mit ihnen durch die Lüfte.
Ich kenne keinen anderen Musiker, der mit EINEM gespielten Ton die ganze Welt umfassen konnte, mit zwei Tönen das ganze Universum. So wie Jan Musik hörte – die Zeit und Aufmerksamkeit, die er jedem Ton schenkte – so möchte ich Musik spielen. Eine Musik, die atmet und Raum läßt für den eigenen Atem.
Ania
Jan Heinke, musician, band member and dear friend left us on April 20th, 2022.
On April 15th, he played his final sounds on a steel cello in Martin Fischer’s studio in Dresden.
Jan left his recordings to us (Mats Eser and me) in full trust and expressed the wish that they would find their way onto a vinyl record.
He could not imagine that he very last sounds he recorded would become a solo album. He gathered all his strength to play them and created a music so pure that it seems to come from another place. It is grand, unpretentious, beautiful and hits you straight in the heart. It is the part of Jan which will endure.
We met each other in 2003 during a project organized by the Folk Music Festival in Rudolstadt. Our respectively self-developed instruments, Steel Cello and Xala, were both more or less new at the time. During our lives on tour we repeatedly crossed paths. After 2015 we met regularly to experiment on our acoustic instruments and to do sound research together.
In 2019 we released our first joint album „The Lugano Session“ (in co-production with RSI Lugano / tonus-music-records).
We played live concerts as a trio under the name AËR until these were forbidden.
The Lockdown that was imposed on us led us to want to make louder music. We spent a lot of time together adding electronic effects to our instruments, creating music videos and inventing new AËR music during long drawn out sessions and sprawling improvisations. Laughing, Jan appointed himself head of the „German Institute for Sound Awesomeness” and elected us to the board. With this we wanted to conquer the world. Two AËR albums will emerge from the wealth of recordings made in 2021.
In January 2022 the diagnosis was received that led to his death within three months.
We traveled to Dresden to fulfill his wish to continue to play as much music as possible. In his short, final days, many more recordings for AËR as well as the first solo album for steel cello were made.
Jan’s fascination and love of sound was contagious. He himself was a walking, continuously self-feeding jukebox of sounds and noises of all kinds. Anyone who has known Jan and spent time with him will perceive the world and all of its sounds more intensely.
Only when he watched the birds in flight with clear eyes, did he become silent as he flew with them through the skies.
I know of no other musician who was able to encompass the entire world in a SINGLE note, let alone the whole universe, in two. The way Jan listened to music – the time and attention he gave to each note – is the way I want to play music. A music that breathes and allows the space for one’s own breath.
Ania